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Folge 29 zum Thema Herbstdepression, Christian Frautschi und die Wirbelsäulenseele

  • frautschi
  • 13. Nov.
  • 16 Min. Lesezeit
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Es ist Herbst, die Tage werden kürzer, Dunkelheit und Stille nehmen zu. Viele Menschen sind in diesen Tagen müde, antriebslos, traurig. Warum ist das so und was könnte man dagegen unternehmen? Wir sprechen hier über Herbst- und Winterdepressionen.


Marco

Ja, Christian, wir sind im Moment im Herbst, es ist heute ein trüber, grauer Tag. Das ist mal ein äußerliches Merkmal des Herbstes und dann auch des Winters. Es ist einfach weniger nicht vorhanden und viele Leute haben damit Schwierigkeiten.

 

Christian

Ja, es ist schon so, dass halt einfach mit dieser Jahreszeit, Herbst, Winter, Dunkelheit, viele halt einfach ein Problem bekommen, weil das Tageslicht halt einfach dementsprechend fehlt. Und Tageslicht gleich Leben, gleich Weitsicht auch. Ich meine, wenn wir so einen nebligen Tag haben wie heute, sehr stark Nebel, Hochnebel, vor allem heute mehr, dann ist halt irgendwie die Sichtweise eingeschränkt.

 

Ich erinnere mich zum Beispiel, dass ich als Kind bei Nebel immer Asthma hatte. Heute weiss ich warum, weil ich bin ein Mensch, der immer sehr vorausschauend ist. Ich bin ein sehr visueller Mensch, hatte eine unheimliche visuelle Wahrnehmung, lebst allem anderen und ich wurde wie wortwörtlich eingeengt, wenn es ein nebliger Tag war.

 

Und ich irgendwie meine Weitsicht nicht hatte, das ist wieso ich war schlichtweg eingeengt. Und ich bin in dieser Jahreszeit auf die Welt gekommen und ich hatte auch später eigentlich immer in dieser Jahreszeit Mühe mit mir selbst, auch als Junge, auch später, dass ich halt teilweise in dieser Zeit mehr Asthma hatte als sonst. Ich meine, ich habe als kleines Kind schon Asthma gehabt und das war sehr, sehr verstärkt dann in dieser Zeit, weil halt einfach die Sichtweise, die Weitsicht nicht vorhanden ist und das fehlt.

 

Und dasselbe ist natürlich mit der Dunkelheit. Und dann kommt noch etwas anderes dazu, je nachdem wann wir gezeugt worden sind, dass halt irgendwie da zu dieser Zeit, zu dieser Gegebenheit irgendetwas vorgefallen ist, was uns im Mutterleib schlussendlich unsicher gemacht hat und wir wieso kein Gefühl hatten von Halt, von Geborgenheit, was ja eigentlich im Mutterleib da sein sollte, dass das wohlige, warme Gefühl halt einfach fehlt und du so als keines ungeborenes Geschöpf das wahrnimmst und empfindest und dementsprechend halt einfach nicht weisst, woran bist du.

 

Und das kann dann auch sein, dass halt später zu einer bestimmten Jahreszeit das wieder hochkommt, dieses Gefühl, wenn halt die äusseren Umstände dementsprechend da sind. Weil alles, was um uns geschieht, wenn wir im Mutterleib sind, sei das die Gerüche, jede Jahreszeit hat auch nicht nur das Licht dementsprechend, sondern auch die Gerüche, die Pflanzen, das Erlebte, all das, auch was wir früher noch viel extremer als heute, heute bekommen wir fast sämtliche Lebensmittel zu jeder Jahreszeit, aber früher war das wirklich viel extremer so, dass man die bestimmten Gemüsesorten, Salatsorten und so, halt eben nur im Sommer gab oder die einen halt eben Wintergemüse waren, dass das alles irgendwie ein Geschmack, was jetzt da im Fruchtwasser, im Gewärmutter da ist, das nimmt man wahr und das spürt man oder halt eben auch, wenn die Mutter oder ein Elternteil natürlich mit dieser Jahreszeit auch Mühe hat, dass man das wahrnimmt und auch spürt.

 

Marco

Also das heißt, die Leute, die davon betroffen sind, starten im weitesten Sinne mit einer Hypothek ins Leben, so gesehen.

 

Christian

Ja, schon ein bisschen, ja. Das ist aber nur ein Teil. Aber das ist etwas, das teilweise sehr gut ersichtlich ist, wenn sich Klienten anmelden, dass man zu einer bestimmten Zeit halt dann einfach immer die gleichen Leute sich anmelden, wo entweder in dieser Zeit auf die Welt gekommen sind oder auch in dieser Zeit gezeugt worden sind oder im Mutterleib waren prägend zu dieser Zeit.

 

Also das ist extrem komplex und mit der Natur halt eben auch zusammenhängend, viel, viel mehr als man denkt. Eine Depression ist nicht nur einfach eine Depression, die hat tausend Ursprünge, die hat tausend Gesichter und ist halt nicht nur einfach etwas, wo sich dann der Mensch zurückzieht, sondern auch von den Umständen um sich herum.

 

Marco

Darüber werden wir noch sprechen. Es gibt natürlich verschiedene Formen von Depressionen. Jetzt eben in dieser Herbst-Winterzeit ist es für viele einfach das fehlende Licht.

 

Du hast es gesagt, das gehört zum Lauf der Natur. Es gibt die vier Jahreszeiten, das weiß man, die kommen und sie gehen und sie kommen wieder. Wie empfindest du das als Chance im weitesten Sinne auch oder als Gefahr?

 

Man kann auch sagen, es kann eine Chance sein sich zurückzuziehen auf sich selber und sich halt wie die Natur mit dem Winterschlaf, das sie auch macht bei vielen Tieren, man kann sich auf sich selber besinnen und sagen, ich habe jetzt meine Höhle für mich allein sozusagen.

 

Christian

Ja, wie soll ich sagen, es ist eigentlich auch eine Chance, ja. Das ist wie bei einem Spitzensportler ist eine Verletzung eine Chance, mal wieder in sich zu gehen. Bei normalen Menschen in dem Sinne ist halt eben auch die Jahreszeit, diese Zeit, wo man halt ein bisschen mehr in sich gehen darf, mit einem feinen Duft von Tee oder was auch immer.

 

Viele genießen dann in dieser Jahreszeit auch die Saucer da, wie sagt man denn das, Vorstufe von Wein da, was heisst das?

 

Marco

Saucer, weiß ich jetzt auch nicht.

 

Christian

Traubensaft halt einfach, leicht gegärter Traubensaft. Oder eben wenn es dann halt auf die Samichlaus und Weihnachten zugeht, mit Nüssen, mit Mandarinen oder was auch immer, das halt einfach dann mit Kerzenlicht und das halt irgendwie, dass man sich selbst da ein bisschen unterstützen kann und sagen, du, das ist jetzt halt diese Zeit. Ich nehme mir bewusst jetzt in dieser Zeit Zeit für mich.

 

Marco

Die Menschen haben ja eigentlich auch als Ganzes gelernt damit umzugehen, auch eben gerade mit diesen Winterbräuchen.

 

Christian

Ja, was ich auch sehr schön finde, dass halt alles zu seiner Zeit und Jahreszeit dementsprechend so ist und dass man das halt einfach so akzeptieren darf und sagen, das gehört zu Menschen, das gehört zu mir, das gehört zur Natur, dass das halt einfach geschieht. Verschiedene Tiere machen Winterschlaf, die Natur macht auch ihren Winterschlaf und der Saft wird aus den Blättern gezogen und in den Boden zurückgegeben, in den Stamm zurückgegeben, dass es ein bisschen ruhen kann und dann im Frühling dann wieder voller Blüten wird und aufblühen kann.

 

Marco

Und dann geht es natürlich um die Frage, was ist normal und was nicht. Ich habe vorhin das Wort traurig gebracht und wenn man jetzt vielleicht an so einem grauen Tag ein bisschen traurig ist, kann man sagen, das ist vielleicht im Herbst und Winter noch soweit normal. Und dann gibt es natürlich jetzt nicht nur die jahreszeitlich bedingte Herbst-Winter-Depression, sondern die wirkliche echte Depression, die dann wieder was anderes ist.

 

Und das gilt es wahrscheinlich auch auseinanderzuhalten.

 

Christian

Ja, es gibt die saisonale bedingte Depressionen, wo eben mit diesen Ursachen da irgendwo einen Zusammenhang haben. Und dann gibt es natürlich auch generell vom Menschen her, vom Seelischen her, von den Vorfahren-Mustern her, bedingte Depressionen, wo eben auch da wieder ganz viele verschiedene Hintergründe haben kann. Sei es, dass man eben zu wenig sich sein konnte als Kind, als Jugendlicher und man nicht aus sich heraus konnte und halt eben dann sich zurückgezogen hat bis halt fast zur Traurigkeit, bis zur Vereinsamung.

 

Oder das andere, dass das halt einfach von unseren Vorfahren vorgelebt wurde. Diese Gefühle, diese Emotionen zu bestimmten Jahreszeiten oder eben zu bestimmten Gegebenheiten, wie man sich verhält, wie sich unsere Eltern verhalten haben, wie sie vielleicht in bestimmten Situationen machtlos waren und einfach sich da zurückgezogen haben in die Einsamkeit oder sich irgendwie mit einem schlechten Gewissen da irgendwie in einer bestimmten Situation herausgekommen sind, weil sie halt einfach sich da mit dem nicht auseinandersetzen konnten oder halt eben, dass die Probleme nicht angesprochen wurden, dass sie nicht beredet wurden, dass sie einfach, wenn man introvertierte Eltern hat oder gehabt, dass halt dann einfach dieses vorgelebt, im Nachgelebt wurde oder wird schlussendlich und man eigentlich nicht genau weiß warum, aber so nach dem Motto, es ist jetzt ja so, meine Eltern waren ja auch hilflos. Oder halt eben, das Hilflose teilweise, wenn halt zu viel man sich im Aussen bewegt und nicht bei sich selbst, das heisst, zu viel arbeitet, Social Media, extrem viel Zeit dort investiert, viel zu wenig in die Natur geht, weil es kalt ist und ungemütlich draußen oder regnet oder was auch immer oder halt einfach, wie gesagt, weil alles rundherum wie so ohnmächtig ist und all dies kann schlussendlich halt eben zu einer Depression führen und logisch natürlich, je nachdem wie unsere Vorfahren waren, in bestimmten Situationen, dass man halt dort auch dementsprechend, wie das nachlebt, ungewollt, unwissentlich nachlebt und dann halt eben, wie soll ich sagen, wie so unkontrolliert in diese Phase hineinkommt, dass es einfach nicht nur eine melancholische Phase ist, die eigentlich wunderschön sein kann, also ich habe die melancholischen Phasen in meinem Leben, ich habe das eigentlich auch geliebt, weil da ist man wirklich eigentlich mit sich selber viel, viel nachdenklicher und ich habe auch immer zu dieser Zeit, es tönt jetzt blöd, aber eigentlich habe ich zu dieser Zeit immer die schönsten und die besten Gedichte geschrieben.

 

Marco

Du hast ja das Wort melancholisch jetzt gebraucht, das ist eigentlich auch ein schönes Wort, manche verstehen das natürlich negativ, aber man kann es ja auch positiv besetzen, es hat etwas Schönes, eben dieser Rückzug auf sich selbst und in der Jahreszeit eigentlich auch ausgelöst durch äußerliche Faktoren, also im Winter hat man einen tieferen Serotonin-Spiegel, weil weniger Tageslicht, während aber die Dunkelheit den Melatonin-Spiegel erhöht, der uns schläfrig macht, es ist eine schläfrige Zeit, so gesehen, ein bisschen.

 

Christian

Ja, und die darf man auch so annehmen, wie gesagt, das Melancholische in dieser Zeit kann etwas Wunderschönes sein, sich in dieser Zeit mit Büchern, mit ruhiger Musik, einfach was einem dir und deiner Seele gut tut, dass man dies zu dieser Zeit macht. Und das hat ja nichts Schlechtes, aber eben Melancholie bis zur Depression, dieser Weg ist halt teilweise relativ kurz und dann ist es auch schwierig, dann da schrittweise wieder daraus herauszukommen.

 

Marco

Und offenbar sind auch Jugendliche, ich weiß jetzt nicht gerade in Bezug auf Herbst- oder Winterdepression, oder ganz generell, Betroffene, also zunehmend haben auch Jugendliche Mühe, in ihrer Freizeit, in ihrem Leben, Quellen zu finden, die ihnen Kraft geben.

 

Christian

Thema Jugendliche, das ist ein sehr, sehr großes Thema in Bezug auf Depressionen. Die Jugendpsychiatrien, die Jugendheime und, und, und, die sind ja völlig überfüllt bei uns und es hat viel zu wenige Therapieplätze. Und das verstehe ich auch, weil es ist ein Wandel der Zeit, wie sich der Junge beschäftigt.

 

Die jungen Leute waren früher halt vielleicht im Ausgang, waren da an Festen, waren da, waren da. Und heute sind die jungen Leute viel mehr mit dem Handy beschäftigt, mit dem Computer beschäftigt, sei es mit Spielen, sei es mit Social Media, sei es mit irgendwelchen Unterhaltungen sonst. Und wenn ich, ich nehme diese Flasche, wenn ich ich selbst mit den Gedanken bei dieser Flasche bin, bin ich nicht bei mir.

 

Wenn ich mit dem Handy bei irgendwie einem YouTube-Star oder irgendwie bei einer Influencerin oder was auch immer bin, bin ich nicht bei mir. Ich sehe da einen fröhlichen Menschen, einen Menschen, der sagt, das musst du machen, so musst du aussehen oder was auch immer, dann bin ich nicht bei mir. Wenn ich nicht bei mir bin, ist mein Ich völlig verkümmert.

 

Wenn es verkümmert ist und eine längere Zeit verkümmert ist, dann weiß ich eigentlich in der Stille, in der Ruhe mit mir selber nichts mehr anzufangen. Und dann ist der Weg zu einer Depression sehr, sehr kurz.

 

Marco

Und das wäre wahrscheinlich dann genau die Kunst, eben in der Stille und in der Ruhe eine Qualität zu sehen.

 

Christian

Eine Qualität zu sehen und überhaupt wieder aktiv zu werden. Zum Beispiel, dass wir in die Natur hinausgehen. Dass wir in die Natur hinausgehen und einfach die Natur aufsaugen.

 

Und ich habe gestern eine Fernsehsendung gesehen von Jugendlichen, eigentlich eine Schulfernsehung, und dann haben die einen Jugendlichen gesagt, wenn ich zurückgezogen bin oder irgendwie nicht motiviert bin, die einen sagen, ganz wenige, ich gehe in die Natur. Ich lasse die Gedanken einfach für einen Lauf in die Natur. Und einige haben gesagt, ich drehe dann meine Musikanlage auf, singe da mit und tanze mit und überbrücke diese Zeit so.

 

Und dann ist es halt einfach, wenn der innere Antrieb nicht mehr da ist, dann ist es halt schwierig, in diesem Moment zu tanzen. Oder es ist auch schwierig, einem solchen Menschen zu sagen, ja, das ist jetzt halt diese Zeit, der Frühling kommt ja wieder. Ja, das nützt einer depressiven Person nichts, wenn du sagst, der Frühling kommt dann wieder.

 

Wenn du den Frühling nicht siehst, dann ist dir scheissegal, ob er kommt oder nicht. In diesem Moment kommt er nicht oder ist er nicht da. Ja, also es ist schon sehr, sehr schwierig und immer von Person zu Person unterschiedlich.

 

Warum komme ich dorthin und was mache ich? Wenn ich überhaupt noch fähig bin, etwas zu machen in dieser Zeit.

 

Marco

Und du hast eben dieses Hinausgehen in die Natur wieder erwähnt. Das hast du ja bei anderen Gelegenheiten auch schon sehr oft gesagt. Es hilft an sich immer, aber es braucht natürlich auch einen kleinen Aufbruch aus sich selbst heraus.

 

Man muss es tun. Man muss die Tür öffnen und rausgehen.

 

Christian

Man muss die Tür öffnen und vor allem die Augen öffnen, wenn wir in der Natur sind und die Ohren. Ich habe gestern ganz was eigentlich Lustiges erlebt. Wenn es ein Trickfilm wäre, wäre es lustig.

 

Da ist eine ältere Frau unten am See auf dem Trottwald vorbeigelaufen, hatte das Handy vor der Nase. Sie ist gelaufen den ganzen Weg. Irgendwie ging sie unten zum Hafen hinunter, kam sie wieder herauf.

 

Immer noch das Handy vor der Nase. Dann hat sie das Handy auf die Seite in den Sack genommen, aber die Haltung vom Kopf war immer noch da unten. Und dann kam halt die Tafel, die Fahrverbotstafel zum Hafen hinunter.

 

Und Peng! Dann ist sie in die Tafel hineingelaufen, weil sie nur von da weg hinunterschaute. Und die Tafel, das Schild unten, Fahrverbot, oben die Tafel, ist genau auf dieser Höhe gewesen.

 

Und dann ist sie in die Tafel hineingelaufen. Ja, es tat ihr sicher extrem weh, weil es war nicht lustig zuzusehen. Aber irgendwo, sorry, das ist das Ergebnis vom Tun.

 

Wenn ich wohl in der Natur am wunderschönen Zürichsee, zu dieser Zeit hat gerade die Sonne sich mal schnell gemeldet auf dem Zürichsee, in der Natur ist, aber weder in der Natur lauscht noch in die Natur sieht. Und halt Gedanken immer noch irgendwo da bei einem Artikel oder bei einem Film oder was auch immer ist. Und das ist halt dann das andere.

 

Wenn ich schon in die Natur gehe, dann lasse ich das Handy zu Hause oder im Auto, im Handschuhfach oder in der Jacke und nehme es wirklich nicht hervor, sonst nützt auch die Natur nichts.

 

Marco

Es gibt ja viele Leute, die sagen, man soll jeden Tag ein bisschen Himmel über dem Kopf haben. Das hätte man dann wenigstens mal, aber das allein genügt nicht.

 

Christian

Nein, weil man hat den Blick nach unten und ein Blick nach unten heißt depressiv. Weil man eben dann, wie gesagt, den Horizont nicht sieht, weil man den Weg nicht sieht. Du siehst den Weg nicht, wenn du in den Boden hineinschaust.

 

Marco

Was machst jetzt du mit einer Klientin, einem Klienten, der zu dir kommt und vielleicht eben nicht sagt, ich bin depressiv oder winterdepressiv oder was immer, aber du erkennst es, was ist das Vorgehen?

 

Christian

Ja, ich spüre das natürlich und erkenne das natürlich beim Menschen, wie er sich verhält, wie er sich bewegt, wie der Blick ist, wohin geht der Blick. Schaut diese Person dich überhaupt an, wenn du ihn begrüsst oder sie. Wie ist das Gefühl von dieser Frau?

 

Das Gefühl, den Körper und alles, das nehme ich ja schlussendlich über meinen Körper wahr. Also darum brauche ich ja auch keine Worte und keine Informationen zum Voraus, weil das, was das Problem ist, das spüre ich an mir selbst. Und dann spüre ich natürlich auch diese Leere, diese Traurigkeit und dann bist du wie so einfach, du kommst selbst in diese Situation und dann spürst du auch, da weißt du auch, wo der Pfeffer wächst, wie man so schön sagt.

 

Was mache ich dann? Ja, die Person legt sich dann hin und dann arbeite ich über den Körper und in Gedanken, wie ich den Körper injiziere, ich sende diesem Körper, dieser Seele Bilder. Also ganz einfach ausgedrückt, das ist ja meistens in diesem Bereich, im Herzbereich, Lungenbereich, wo du dann wie so dunkel und grau sich anfühlst.

 

Und dann sehe ich auch, das ist einfach dann dunkel. Und dann gehe ich halt einfach hinein und sage so, ich nehme jetzt einfach eine Lichtspraydose und sprühe diese ganze Lunge, dieses ganze Herz, spüre ich mit diesem Licht, wo in dieser Spraydose ist, sprühe ich an und färbe es ein und gebe da irgendwie eine Sonne hinein, stelle mir vor, wie da die Sonne auf diesen Körper scheint und diesen Körper weckt und wärmt und das ist wie so, ich projiziere eigentlich diese Bilder und diese Gefühle, produziere ich für mich und sende es, übergebe es diesem Körper mit den Gedanken, mit den Gefühlen und übertrage das auch mit den Händen auf diesen Körper, dass das irgendwo wieder erwachen kann.

 

Marco

Und weißt du von Klientinnen und Klienten, wie die das erleben?

 

Christian

Ja sicher, das spürst du. Das spürst du, wenn sie aufstehen und das merkst du, wie dann, weißt du, wenn ein Körper da ist und wie so einfach lethargisch ist, melancholisch ist, es schwingt irgendwie ganz langsam und je mehr Licht, das du da hineingibst, je mehr Liebe, je mehr dieses wunderbare Gefühl, du diesem Menschen hineingibst, desto mehr fängt dieser Mensch, dieser Körper an zu schwingen. Und ich ziehe das ja, diese Schwingung, alles ziehe ich ja über die Wirbelsäule, dem ganzen Körper nach hoch bis zum Kopf und ich spüre dann auch diese Schwingungen und wenn diese Schwingung sich wieder erhöht, dann weiß ich so, jetzt ist es angekommen.

 

Und dann, wenn es halt vorher so geschwungen hat, schwingt es halt nachher so. Und das ist dieses Gefühl, wo wieder das Erwachen, dass da wieder Leben drin ist. Und das spürt man sehr extrem.

 

Und bevor dieses Gefühl nicht da ist, höre ich nicht auf zu arbeiten mit dieser Person. Also wenn ich spüre, das ist ein bisschen tief und hartnäckig, dann bleibe ich dementsprechend dran, Minuten oder was auch immer, an dieser Stelle, bis es kommt. Das ist das eine.

 

Und das andere ist natürlich, durch meine Hellsichtigkeit, bekomme ich, wenn ich irgendwo an dieser Stelle bin, bekomme ich die Bilder, was hat überhaupt dazu geführt. Und dann gehe ich natürlich dorthin und löse diese Ursache auf, was überhaupt dazu geführt hat, dass diese Person später depressiv wurde oder ohnmächtig wurde oder was auch immer, dann so reagiert hat, wie die Situation genau ist. Löse ich das auf, sei es bei dieser Person im Leben, sei es in der Schwangerschaft eine solche Situation war oder sei es, weil es vorgelebt wurde von den Vorfahren, da spüre ich, ja, da muss ich halt das Problem bei den Vorfahren lösen.

 

Das geht bis fünf Generationen zurück. Und wenn es da dann aufgelöst wird, dann kann ich schlussendlich diese Ruhe wieder hineinbringen, dass man wieder aufleben kann und nicht Angst haben muss, dass irgendwie so eine Situation dann wieder auf einen zukommt.

 

Marco

Das ist jetzt ein Arbeiten ohne Wirkstoffe. Die Schulmedizin, die Psychiatrie würde hier natürlich sehr schnell, relativ schnell Medikamente geben. Da bist du ja kein Freund davon.

 

Christian

Das stimmt nicht. Ich bin nicht kein Freund davon. Ich befürworte Medikamente, Psychopharmaka, wenn es nicht anders geht.

 

Oder wenn wirklich jemand so tief ist, dass es sehr schwierig ist, da überhaupt etwas zu aktivieren. Ich akzeptiere das, Marco.

 

Marco

Kriegst du auch manchmal dann Klientinnen und Klienten zu einem Psychiater und sagst, nimm Medikamente?

 

Christian

Dieser Fall kommt sehr selten vor, weil es ist umgekehrt. Die Leute kommen und sagen, mein Arzt will mir Psychopharmaka geben. Oder mein Arzt hat mir das gegeben.

 

Das ist eigentlich bei mir eher der Fall. Weil dann irgendwie ein Bekannter sagt, geh doch mal zu Christian. Und dann kann sich das mit der Zeit auflösen, dass sich die Medikamente erübrigen, dass man sie nicht mehr braucht.

 

Ich habe Klienten, die haben seit zehn Jahren Psychopharmaka genommen und nach zehn Jahren wirken die schlichtweg nicht mehr, weil der Körper sich an alles gewöhnt. Irgendwann gewöhnt sich der Körper an ein Medikament und es ist dann wirkungslos. Und das ist auch der Grund, warum, wenn du diese Person schlussendlich dorthin bringst, dass sie wieder sich sein kann, dass sie bei sich, wirklich bei sich sein kann und nicht mehr da, dann kann auch das Gefühl wiederkommen, dass sie zufrieden, glücklich werden kann und in Harmonie mit sich, mit seinem Körper sein kann.

 

Und dann kann man schrittweise, wirklich schrittweise die Medikamente absetzen. Und ich habe schon diesbezüglich alles erlebt. Wie gesagt, schon bei einer Frau, die zehn Jahre genommen hat, die konnte problemlos reduzieren, in kleinen Schritten reduzieren, aber auch natürlich, je nachdem wie tief es ist, mit Absprache mit dem Arzt oder mit dem Psychiater, dass man sagt, ich will da reduzieren und dass es wirklich ausschleichend reduziert wird.

 

Und dann macht es auch Sinn. Aber weißt du, ich habe auch schon jemandem gesagt, der war so im Keller, der war so tief, der war überhaupt nicht mehr bei sich. Er hat sich unheimlich geweigert, irgendwie diese Pillen zu nehmen, die sein Psychiater ihm gegeben hat.

 

Und ich habe ganz klar gespürt und habe ihm gesagt, du weigerst dich anzunehmen, dass du jetzt krank bist. Und dann habe ich gesagt, so, der nächste Schritt ist für dich, zu akzeptieren, dass du krank bist. Du hast jetzt eine psychische Krankheit und die musst du akzeptieren.

 

Und die kannst du nur akzeptieren von dem, was du jetzt verweigerst, wenn du dieses Medikament nimmst. Diese Person hat dieses Medikament schlussendlich am Abend genommen. Er hat es einmal genommen.

 

Und dann hat er eingesehen, dass er psychisch krank ist. Dann konnte er sich annehmen. Und das war der erste Schritt für seine Heilung.

 

Er hat nie mehr nach dem Medikament genommen, sondern wir konnten einfach dann ganz normal daran arbeiten, dass er sich wieder annehmen kann. Und diese Person hat das halt einfach gebraucht. Manchmal muss man nicht einen Gartenhaken um sich herum machen, sondern muss mal ans Türchen gehen, das Türchen öffnen, das Ganze zu sich nehmen, akzeptieren.

 

Und dann kann man es wieder zum Türchen herauslassen. Erst dann.

 

Marco

Okay, also wie du sagst, erster Schritt, um etwas zu ändern. Zum Schluss nochmal zurück zum Thema Herbst- und Winterdepression. Wir haben das gehört, es gibt Menschen, die jedes Jahr aufs Neue im Herbst diese Schwierigkeiten haben mit den dunklen Tagen.

 

Was kann man diesen Menschen mitgeben, dass sie in Zukunft besser durch diese Tage kommen?

 

Christian

Was ich einem einzelnen Personen mitgeben kann, das kann ich dir nicht sagen. Weil es tausend Gründe hat, wieso er dort hingekommen ist. Aber daran arbeiten und die Ursache, die wirkliche Ursache finden und auflösen, dass es nicht mehr kommt.

 

Ich hatte mal einen Klienten, der eine bestimmte Gemüseart, ich glaube es war Blumenkohl, dass er das nicht ertragen hat. Und bei dem habe ich gesehen, dass im Ersten Weltkrieg die Vorfahren hatten einen großen Gemüsegarten. Und dieses Gemüse ist dann vom Militär weggenommen worden.

 

Und diese Erinnerung, dass man das Gemüse, dass die eigene Nahrung einem mitgenommen wurde, hat so einen negativen Einfluss gehabt auf die Vorfahren und über Generationen übertragen. Und dann durfte man dieses Ereignis da lösen und da Frieden hineinbringen und dann konnte er alles wieder essen.

 

Marco

Okay, das war gut gelöst.

 

Christian

Es klingt vielleicht einfach, aber es ist schon viel komplexer, als ich jetzt das erkläre. Aber dann müsste ich halt viel, viel weiter rausholen.

 

Marco

Und ganz so einfach will nicht alles sein. Du hast ja auch gesagt, man muss daran arbeiten. Also es wird nicht ohne Aufwand gehen.

 

Man darf daran arbeiten, man muss nicht.

 

Christian

Man darf auch in diese Rolle alle Jahre hineinkommen, aber es muss nicht sein. Und ich denke, die Lebensqualität ist ein bisschen besser, wenn man es auflösen darf. Und vor allem, man soll sich nicht schämen, wenn man in dieser Situation ist.

 

Es gibt viel, viel mehr Leute, die Psychopharmaka nehmen, die Antidepressiva nehmen, als man denkt. Und die schämen sich auch nicht dafür. Aber man darf es auflösen.

 

Marco

Okay, dranbleiben.

 

Christian

Dranbleiben. In dem Sinne, bis nächstes Mal. Tschüss.


 
 
 

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