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Folge 14, Hat eine Firma eine Seele?

  • frautschi
  • 10. Nov.
  • 24 Min. Lesezeit
ree

Heute sprechen wir über eine Frage, die jetzt etwas weniger mit Gesundheit zu tun hat, aber am Ende doch. Hat eine Firma eine Seele?


Marco

Ja Christian, gleich zu Beginn. Die ganz konkrete Frage, hat eine Firma eine Seele, ja oder nein?

 

Christian

Sehr wohl. Sehr wohl hat die Firma eine Seele. Das heisst, sie sollte eine Seele haben.

 

Egal wie klein oder wie gross sie ist.

 

Marco

Okay, gehen wir ein bisschen darauf ein, was die Seele ausmacht, wer die Seele ausmacht. Letztlich besteht eine Firma aus den Leuten, die für sie arbeiten, die Leute, die ein Team sind und ein Team sein wollen. Was bedeutet das, was müssen die mitbringen oder was muss funktionieren, damit die ein Team sind und eine Seele für die Firma bilden?

 

Christian

Man sagt ja so schön, der Fisch stinkt zuerst beim Kopf. Und das ist in einer Firma genauso. Wenn du eine Firma aufmachst oder wenn jemand eine Firma aufmacht, muss er wissen, was will ich überhaupt?

 

Was für Leute will ich überhaupt? Welche Leute passen zu mir? Welche Leute passen zum System, zum Produkt oder was auch immer?

 

Und dementsprechend darf man sich diese Leute anwerben, kann man diese Leute einstellen. Es kommt natürlich darauf an, wie gewichtet ist, dass die Angestellten bei den Klienten entsprechend ankommen oder sind das nur Leute, die einfach ihren Job machen müssen, sei es im Hintergrund Buchhaltung, IT oder was auch immer. Das ist natürlich der Unterschied.

 

Aber eigentlich muss eine Firma vom Grund auf wirklich eine Seele haben und sonst ist die Firma zum Scheitern verurteilt.

 

Marco

Wir werden da vielleicht ein oder zwei Beispiele dafür bringen. Du hast ja ein paar Empfehlungen abgegeben, was eine Firma tun sollte oder nicht tun sollte. Zum Beispiel sagst du immer authentisch sein.

 

Meinst du jetzt damit die Führung der Firma oder auch jeden einzelnen Angestellten?

 

Christian

Eigentlich sollte auch jeder einzelne Angestellte authentisch sein und sich sein. Das heisst, wenn er authentisch sein darf und ist, dass er zu dieser Firma passt. Wenn er dann, weil er authentisch ist, zu dieser Firma nicht passt, dann ist er am falschen Job.

 

Klar, da muss man eben jemanden haben, der genau für diesen Job bestimmt ist, der diese Fähigkeit hat oder diesen Charakterzug hat, dementsprechend diese Fähigkeiten schon als Person eigentlich hat.

 

Marco

Was bedeutet, die Firmen müssen Leute suchen, die in die Firma passen und der einzelne Arbeitnehmer, der Angestellte muss eine Firma suchen, die für ihn passt?

 

Christian

Die für ihn passt, natürlich. Ich meine, nehmen wir den Verkauf. Es gibt solche, die müssen einfach verkaufen, möglichst viele Produkte.

 

An den Mann, an die Frau bringen, sei es ein MediaMarkt, sei es ein Möbelgeschäft oder was auch immer. Das sind die reinen Verkäufer. Aber da haben wir zum Beispiel Firmen, die müssen Kunden beraten, nachhaltig beraten und das ist vom Verkäufertyp her völlig unterschiedlich.

 

Der eine ist ein Verkäufer, früher sagte man, er kann sogar seine Grossmutter verkaufen, aber er kann nicht nachhaltig denken, dass dieser Kunde zum Beispiel fünf Jahre später wieder zu ihm kommen will und sagt, hey, du hast mich dort gut beraten, es hat alles gestimmt, es hat gepasst und so. Ich will wieder von dir betreut werden. Das sind zwei verschiedene Typen.

 

Marco

Du sagst etwas über Teamsitzungen. Du sagst, man soll Teamsitzungen im Stehen machen. Weshalb?

 

Christian

Man hört ja sehr, sehr oft, dass in vielen Firmen viel geredet wird und nichts gemacht wird. Vor allem in grossen Firmen, wo immer wieder ein Meeting gemacht wird, eine Teamsitzung, man redet über etwas und man geht wieder und irgendwie ändert sich nichts. Man hat festgestellt, in Firmen, die in den Meetingräumen nur noch Stehtische haben, dass das Ganze viel lebendiger ist.

 

Du hast auch gesehen, in verschiedenen Aufnahmen sind wir gesessen. Jetzt im Moment stehen wir und du merkst auch, es ist viel bewegter, es ist aktiver.

 

Marco

Okay, das ist jetzt aber nur einmal die Frage der Form. Das heißt ja noch nichts über den Insight und die Resultate, oder? Und eigentlich für die Firma muss das interessant sein, was dabei rauskommt.

 

Christian

Das ist richtig. Es geht aber auch darum, wenn wir eine Teamsitzung im Stehen machen, machen wir die in der Regel aber auch kürzer. Das heißt, wir machen Teamsitzungen, wir bringen das auf den Punkt und dann gehen wir wieder und setzen um.

 

Ich habe das schon sehr oft von Firmen erlebt, dass sie das umgestellt haben und haben gesagt, alles andere bringt schlussendlich nichts. Wir wollen nicht Leute, die einfach nur reden und diskutieren und machen und gemütlich im Stuhl sitzen und mitreden, mitdiskutieren, man überhaupt. Und dann gehen sie wieder raus und es ist alles noch gleich.

 

Und das kann es nicht sein. Der Markt verträgt das einfach heute nicht mehr. Und wenn das eine Branche ist, die das noch erträgt, dann hat sie irgendwie ein Monopol oder ist einfach so gross, dass es eigentlich egal ist, was man macht.

 

Und das kann es nicht sein. Es gibt eine Aussage von einem sehr, sehr bekannten Topmanager, der seinerzeit die GE Capital, das Handelsunternehmen mit Elektroapparaten, mit unheimlich vielen verschiedenen Produkten, sie haben sogar Atomkraftwerke aufgestellt. Und ein Manager, ich weiss den Namen jetzt nicht mehr genau, Welsch, hat er Welsch geheißen, kann sein.

 

Marco

Den Namen jedenfalls habe ich jetzt auch im Kopf, das kann gut sein.

 

Christian

Der hat die Firma sehr, sehr straff geführt. Der hat gesagt, 50% von den Angestellten müssen wirklich voll motiviert sein. 40% von den Angestellten müssen produktiv sein.

 

In dem Sinne, dass sie auch umsetzen können. Und 10% müssen wir immer ersetzen und auswechseln. Der ist sehr kritisiert worden für seine Haltung, aber es stimmt halt eben schon.

 

Eine Firma muss heute, früher durfte man Leute, die nicht unbedingt ins System passen oder die Leistung bringen, dürfte man künden. In der heutigen Zeit muss man diesen Leuten, die dementsprechend die Leistung nicht bringen oder der Firma, der Philosophie nicht gerecht werden, muss man künden und solche Leute holen, die wirklich die Philosophie vertreten, die die Motivation haben und die einfach in dieses ganze Gefüge, in die Seele dieser Firma passen.

 

Marco

Also ich glaube, das muss man gelten lassen. Das muss man sicher mit Fingerspitzengefühl und Vorsicht machen und mit Verantwortungsgefühl. Man kann ja nicht einfach Leute rausschmeissen.

 

Das stimmt und führt ja zu dem zurück, was du gesagt hast. Man muss die Leute haben, die zur Firma passen.

 

Christian

Früher sagte man, wenn ich Leute abbauen muss, dann baue ich diese Leute ab, die zuletzt dazugekommen sind. Heute kannst du das nicht mehr, weil du musst wirklich Leute einstellen, die zu deiner Firma passen und du musst heute entscheiden, welche sind für mich die wichtigsten Leute. Und wenn ich halt jemanden gehen lassen muss, dann sind halt die Leute, die am wenigsten wichtig sind, muss ich halt ziehen lassen.

 

Zu meiner Zeit, ich war ja mit 23 bereits Unternehmer und ich habe immer, immer, immer mehr vergrössert und ich habe mich viel von der Philosophie her beschäftigt damit, wie bin ich auch ein guter Arbeitgeber? Wie bin ich ein guter Chef? Und früher sagte man, auf zehn Leute kannst du eine Person haben, die man vielleicht als Sozialfall bezeichnen darf, wo du mitziehst.

 

Das muss eine Firma mitmachen, also mittragen.

 

Marco

Das ist ein Stück weit wieder soziale Verantwortung, das gehört schon dazu.

 

Christian

Ein früherer Unternehmer, ein früherer Firmeninhaber hat damals so gedacht. Und das verstehe ich auch, heute geht das nicht mehr.

 

Marco

Geht es wirklich nicht? Geht es nicht?

 

Christian

Sehr schwierig. Man kann den Charakter von dieser Person mit im Betrieb einbeziehen. Aber wirklich in dem Sinne ein Sozialfall in der Firma integrieren, das ist sehr schwierig.

 

Gut, es war früher schon schwierig. Ich habe eine Person mal eingestellt, wo ich wusste, diese Person hat ein Alkoholproblem gehabt, ist unter Medikamenten und ich kannte diese Frau schon lange und habe gesagt, gut, ich gebe dir diese Chance, du bist gleichwertig wie die anderen. Sie hat für mich Ersatzteile ausgeliefert mit dem Auto.

 

Sie hat das gut gemacht, sie hat die Chance gepackt, dass sie diese Stellung bekommen hat. Bis zu diesem Zeitpunkt, wo sie einen Rückfall hatte und Autofahren und Ersatzteile ausliefern unter Alkohol, das geht nicht ganz, musste ich dann halt einfach auch ersetzen. Aber ich habe immer, ich habe auch Lehrlinge gehabt, zum Beispiel, die nicht Top-Noten hatten in der Schule.

 

Ich habe Lehrlinge eingestellt, die Legastheniker waren, aber sie hatten in ihren bestimmten Gebieten unheimliche Fähigkeiten und sie waren als Mensch okay und man hat sie im Team integriert und mitgenommen. Von Anfang der Lehre bis am Schluss, dass man halt einfach auch gesteuert hat mit den Experten, die die Lehrabschlussprüfung abnehmen mussten, dass man denen das ganz klar erklärt hat, dass halt diese bestimmten Fragen nicht in schriftlicher Form, sondern in 1 zu 1 Kontakt gestellt werden und dass halt manchmal bei dieser Person eine Unsicherheit entstehen kann, wenn sie die Antwort gerade nicht hat, dass man halt eben ein bisschen mehr Zeit geben muss und dann klappt es auch.

 

Und das ging früher und das geht heute aber auch noch. Und das darf und das soll auch sein.

 

Marco

Jetzt gibt es von dir eine Aussage in Bezug auf Kleidung. Keine schwarze Kleidung, schwarz ist Abwehr, sich nicht sichtbar machen. Ziemlich plakativ daher gesagt.

 

Was bedeutet das genau, was steckt dahinter?

 

Christian

Schwarz ist eine schwarze Wand, das ist Abwehr. Wenn sich jemand im Alltag immer schwarz kleidet, unbewusst, manchmal auch bewusst, schützt diese Person sich. Das heißt, kommt mir nicht so nahe, verletzt mich nicht.

 

Marco

Kann es nicht auch einfach Seriosität ausdrücken? Viele Kreativleute kleiden sich schwarz zum Beispiel.

 

Christian

Ich weiß, viele Architekten sind schwarz gekleidet, viele Firmenmacher sind schwarz gekleidet. Da weiß ich nur schwarz. Und nehmen wir den Film, das ist okay, wenn der Kameramann nicht sichtbar sein sollte auf dem Set, möglichst wenig auffallen soll.

 

Ich habe einen Kollegen, der ist bei grossen Fernsehveranstaltungen als Filmemacher dabei. Und der muss sich immer irgendwo so hinstellen und schauen, dass man ihn nicht sieht, sondern man will ja nur das Bild und nicht ihn. Dass der natürlich schwarz gekleidet ist, das ist völlig normal.

 

Aber schwarz, ja. Viele denken, schwarz ist elegant. Bedingt elegant.

 

Ein Manager in schwarzer Kluft ist okay, wenn er ein weisses Hemd dazu hat, möglichst eine bunte Krawatte, wenn man überhaupt noch Krawatte hat heute. Das ist okay. Wichtig ist auch die Kombination.

 

Marco

Also du meinst jetzt eben, schwarz, schwarz, schwarz ist zu viel, wenn alles schwarz ist.

 

Christian

Das ist ganz klar zu viel. Ein Beispiel in einem Warenhaus, die hatten vorher immer blaue T-Shirts an mit der Aufschrift. Auf einmal sind die alle in schwarzen T-Shirts gekommen.

 

Alle. Das ganze Warenhaus nur noch schwarze Leute. Das war völlig abstoßend.

 

Logisch, ich betrachte das natürlich vom menschlichen her viel krasser, als das jemandem sonst auffällt. Klar, logisch, aber das, was es auslöst im Kunden, im Klienten, das ist maßgebend. In einer Praxis zum Beispiel, wo die Angestellten hellblaue oder einfach blaue farbige gleichmässig T-Shirt anhaben, das macht ganz einen anderen Ausdruck, als wenn sie irgendwie zum Beispiel schwarz an hätten.

 

Das ist viel, viel persönlicher. Auch hier, wir haben blau an im Moment, vielleicht ändert sich das auch mal, vielleicht, dass ich mal grün habe oder was auch immer. Aber wir wollen farbig sein, wir wollen bunt sein, die ganze Praxis ist so.

 

Wir wollen offen sein, auf die Leute zugehen. Früher hatte ich weiss getragen, aber irgendwo bin ich von dem weggekommen, weil kranke Kinder haben viele weisse Leute, Ärzte um sich, und dann habe ich das geändert und habe Farbe angezogen, dass ich nicht vom Unbewusstsein beim Kind wie ein Arzt aussehe. Und der piekst und schmerzt und tut.

 

Und das will ich nicht, also habe ich das so gemacht. Und ich will irgendwo einfach einheitlich das Erscheinungsbild, so wie wir uns präsentieren wollen und wie wir sind.

 

Marco

Das heisst, Farbe sendet ein Signal aus, welche Farbe auch immer?

 

Christian

Ja, ganz bestimmt. Wenn du einen Schauspieler siehst, einen Solo-Schauspieler, also einen, der alleine auf der Bühne steht, und du siehst ihn schwarz gekleidet oder du siehst ihn weiss gekleidet oder sicher ein weisses Hemd, ein weisses T-Shirt oder wie Pete Schweber ein völlig buntes Shirt, das sind ganz krasse Unterschiede, wie jemand daherkommt. Viele im Leben da draussen wollen nicht auffallen und kleiden sich dementsprechend dunkel oder schwarz.

 

Viele denken, im Herbst, im Winter muss man braun tragen, Brauntöne, das passt zur Umgebung. Ich sage, nein, tragt bunt.

 

Marco

Als Kontrast.

 

Christian

Als Kontrast. Wieso müssen wir der trüben, farblosen Jahreszeit Raum und Platz geben als Person selbst? Nein, muss ich nicht.

 

Marco

Und wir reden jetzt ja hier über die Seele von Firmen. Muss sich nun eine Firma überlegen, wie sie das innerhalb der Firma transportiert oder muss der einzelne Angestellte sich überlegen, wie will ich da kommen?

 

Christian

Es kommt natürlich darauf an, wie präsent die Angestellten in der Firma auftreten. Es macht natürlich Sinn, wenn es eine Firma ist, wo die Leute empfängt und Ware verkauft, dass die natürlich dementsprechend gleich angezogen sind. Aber sonst, im Hintergrund oder was auch immer, oder je nachdem, wenn es eine Beratungsfirma ist, dann ist dieses Auftreten nicht unbedingt zwingend, sondern da darf ja auch jemand bunt kommen.

 

Von diesem Manager, den ich vorher erwähnt habe, der hat mal gesagt, unser Führungsstab, der Verwaltungsrat ist völlig unterschiedlich. Der eine fischt, der andere macht Basketball, der andere macht nichts. Der Buchhalter zum Beispiel hat immer das Hemd draussen, weil er halt ein bisschen unförmig ist und hat immer das Hemd draussen.

 

Aber Sie als Verwaltungsrat, als Team, so unterschiedlich wie Sie waren, haben einander unterstützt, einander ergänzt. Jeder auf seine Art und Weise. Der Buchhalter muss nicht gleich sein, wie der, der für die Atomkraftwerke zuständig ist.

 

Das muss und darf variieren vom Charakter her und das macht es auch aus. Das ist eben auch die Seele einer Firma. Dieser Manager hat wirklich die absolut grössten Fortschritte für GE Capital gemacht, was je ein Manager zustande gebracht hat.

 

Er war schlussendlich auch noch Verwaltungsratspräsident. Aber er hatte zum Beispiel nie im Sinne der Firma, im Sinne von der Börse Aussagen gemacht. Er hat bei Pressekonferenzen oder bei Jahressitzungen, wo die Presse anwesend war, hat er nicht das gesagt, was die Presse hören möchte von der Firma, sondern er hat das gesagt, was zu diesem Zeitpunkt aktuell ist und im Raum steht, ob das für oder gegen den Börsenkurs ist, war ihm scheißegal.

 

Er hat gesagt, ich muss die Firma präsentieren und ich muss authentisch sein und das dementsprechend präsentieren, ob man das hören will oder nicht. Im Endeffekt hat das Resultat schon gezeigt, dass es so stimmt.

 

Marco

Also langfristig gesehen. Ja. Und da gibt es auch eine Aussage von dir, die wohl auch langfristig zu verstehen ist.

 

Du hast schon gesagt, eine Firma, die ihre Seele erhalten will, sollte die Mitarbeitenden am Gewinn oder an der Firma beteiligen. Und die Frage ist, ich weiß nicht genau, wie meinst du das, soll sie schauen, dass die Anteile an der Firma bekommen oder ihnen gute Löhne zahlen, damit sie was vom Gewinn haben oder Beteiligungen? Wie weit soll diese Beteiligung gehen?

 

Christian

Das kommt auf die Firma an und auf die Größe. Ein Beispiel, ein Coiffeur Geschäft. Da hat eine Angestellte, die macht 40% vom Umsatz.

 

Sie ist eine sehr gute Verkäuferin. Also sie kann das und das verkaufen, was sie dieser Person verkaufen möchte, was sie spürt, was sie braucht und was sie will. Und ich meine, obwohl es nur eine Coiffeure ist, kann das einen sehr grossen Einfluss haben.

 

Es gibt ja auch den Spruch, du solltest mit dem Coiffeur ein gutes Einvernehmen haben, sonst kann das Resultat schlussendlich Monate gehen, bis es wieder ausgeglichen ist, sprich mit den Haaren. Nein, es ist so, von einem Coiffeur Geschäft, der hatte so eine sehr gute Angestellte, die zehn Jahre oder zwölf Jahre schon bei ihm war. Die hatte ihre Kundschaft, ihre gute Kundschaft, ihre gut bezahlende Kundschaft und, und, und.

 

Okay, er hat das immer so genommen, wie es kommt, ist gut so. Eines Tages hat diese Angestellte gekündigt. Wohin gehen die Kunden?

 

Wir sind da, das war ländlich und man hat sie gekannt. Man wusste, wo sie hingeht, das heißt, sie hat sich selbstständig gemacht und sie hat ihre 40 Prozent der Kunden von diesem Coiffeur Geschäft übernommen. Sie musste die nicht abwerben, man wusste, wo sie hingehen.

 

Der Chef war teilweise sehr oft lange weg und dann konnte sie sich gut mit den Kunden sagen, ich mache mich selbstständig. Das war überhaupt kein Problem für sie. Sie hat 40 Prozent vom Umsatz mitgenommen.

 

Marco

Hätte er das abwenden können, ist die Frage?

 

Christian

Ja, sicher. Wenn du eine Angestellte hast, wo dir bewusst wird, dass du auf diesen Umsatz angewiesen bist, dann musst du sie in der Firma beteiligen. Dann musst du ihr Anteile von deiner Firma abgeben und sie beteiligen, dass sie die Motivation hat, für diese Firma weiter tätig zu sein und sich auch als Unternehmerin zu zeigen, was sie nachher auch gemacht hat.

 

Nur ein kleines Beispiel. Sehen wir die großen amerikanischen Firmen, sei es Google oder wer auch immer, die sagen, ich gebe dir diesen Lohn, als Provision bekommst du Bezugsscheine für Aktien. Okay.

 

Das ist ja alles gut und recht, ist auch verlockend und da hast du auch Interesse, da wirklich Vollgas zu geben, mitzumachen. Ich hatte einen Kollegen, der bei einer solchen amerikanischen Firma gearbeitet hat, zu einem relativ geringen Lohn, aber was er natürlich mitbekommen hat eigentlich, das war dann sein Kapital. Die Firma kam und sagte, wir brauchen die Schweiz nicht mehr, das regeln wir aus Deutschland, steuern wir aus Deutschland, die Schweizer brauchen wir nicht mehr, Punkt.

 

Von einem Tag auf den anderen gekündigt, hinausgestellt. Wie wirklich früher in den Filmen, mit der Box, mit deinen persönlichen Sachen, vor die Tür gestellt. Das Problem ist, was wollte er machen?

 

Er hatte einen Lohn, der war klein, aber seine Anteile, die waren schlussendlich nichts mehr wert in dieser Firma. Er hat eigentlich zu einem billigen Lohn gearbeitet. Seine Kollegen verloren, weil er wirklich sehr viele Freunde und Bekannte in dieser Firma hatte.

 

Und von einem Tag auf den anderen raus. Das hat ihn brutal hart getroffen. Ja, verstehe ich auch.

 

Aber das war die Firma-Philosophie, das hört man bei den Amerikanern, das hat man auch gehört, wie Mr. Trump in Amerika für bestimmte Bereiche geschlossen hat und die Leute innerhalb von einem Tag hinausgestellt wurden. Höchstens mit zwei, drei Wochen Abfindung und weg und tschüss.

 

Marco

Und ist der Punkt dahinter, hätte die Firma das nicht so organisieren dürfen oder hätte er diesen Job nicht annehmen sollen?

 

Christian

Beides. Wenn du zu einer amerikanischen Firma gehst, dann weißt du das ja eigentlich im Voraus.

 

Marco

Mindestens oft, ja. Über Corona wollte ich noch sprechen. Corona war eine Zeit, wo sich in vielen Firmen vieles geändert hat, weil plötzlich keine Teams mehr waren, sondern jeder zu Hause blieb und im Homeoffice gearbeitet hat.

 

Haben da Firmen Teile ihrer Seele verloren?

 

Christian

Ja. Ja, ganz klar. Weißt du, ich habe ein Beispiel.

 

Wir hatten da nebenan eine IT-Firma, ein super Team, drei, vierundzwanzig Angestellte, teilweise fünfundzwanzig. Die waren immer miteinander beim Mittagessen, drüben beim Restaurant. Von diesen drei oder vierundzwanzig sind immer zehn oder fünfzehn beim Mittagessen dabei gewesen.

 

Auch fast jedes zweite Mal war der Chef dabei. Das war wirklich, ich habe so gestaunt, ich habe so Freude gehabt an denen, die waren einfach die Seele dieser Firma. Diese ganze Schar von Leuten, die für das Gleiche, für den gleichen Chef, für das gleiche Interesse gearbeitet haben.

 

Okay, der Chef hat das schlussendlich über zwanzig Jahre gemacht. Dann bekam er ein Angebot von einem grösseren Unternehmen, seine Firma, da zu verkaufen. Und irgendwie hat er gesagt, ja, ich möchte jetzt einfach ein bisschen Abstand haben und ein bisschen mehr Ruhe haben, weil er hat sich sehr, sehr viel und hart gearbeitet für das, was er hatte.

 

Er hat gesagt, okay, ich verkaufe. Und dann musste er noch zwei Jahre, wie das halt teilweise üblich ist, zwei Jahre in der Firma als Geschäftsführer dieser Firma, dieser Filiale, da arbeiten. Und dann hat es schon angefangen, weil natürlich viele Leute haben schon, oh, und dann geht der Chef und irgendwie, es ist einfach nicht mehr das Gleiche.

 

Sie haben die Leute gekannt, schlussendlich oder kennengelernt vom neuen Inhaber. Und das war von einem Narzissen geführte Firma, was ganz klar natürlich sagt, dass es nicht ganz einfach ist, dort zu arbeiten. Eine völlig andere Firmenphilosophie, eine völlig andere Führung, die halt einfach nur ein Diktieren war, nicht ein Miterleben, Mitwachsen und alles.

 

Die einen sind da schon mal gegangen. Und dann kam Corona. Und alle haben zu Hause gearbeitet, bis vielleicht auf einen oder zwei.

 

Und irgendwie hast du gemerkt, das ist wie, du spürst, es fängt an zu sterben da drüben. Das ist so krass, dass da keine Leute mehr da sind, irgendwie miteinander Mittagessen. Okay, und irgendwann war das ganze Theater da vorbei.

 

Und die Leute kamen wieder zurück. Aber dann hat die Geschäftsführung von der Übernahmefirma gesagt, ihr könnt drei Tage zu Hause arbeiten, aber zwei Tage dürft ihr im Geschäft sein oder müsst ihr im Geschäft sein. Das heisst, wir brauchen durch das weniger Raum.

 

Und da war die ganze Firmenphilosophie mit dem Austausch untereinander, die war weg. Sie gingen vielleicht noch drei, vier Alteingesessene miteinander zum Mittagessen. Die anderen waren ja nicht da, die waren zu Hause.

 

Oder waren nur am Freitag da. Oder meistens nur Anfang Woche und am Donnerstag, Freitag zu Hause, wo man sie nicht kontrollieren konnte oder was auch immer. Das war völlig anders.

 

Das war eine ganz andere Firma, ein ganz anderes Gefühl. Ich konnte, wenn ich ein Computerproblem hatte, es war mein Berater oder meine Firma in meiner IT-Angelegenheit mit dem Office. Wenn ich ein Problem hatte, dann konnte ich anrufen, hey, schick mir schnell jemanden drüber.

 

Auch wenn es der Lehrling war, der wusste eh mehr als ich. Und das Problem war gelöst. Ich war ja angewiesen auf das Ganze.

 

Und dann hat er gesagt, ja, ich mache der entsprechenden Person eine E-Mail. Es wurde nicht mehr miteinander telefoniert. Es wurde nur noch geschrieben.

 

Ich hatte wirklich ein Problem. Zwei Tage später hat sich dann eine betroffene Person, eine zuständige Person gemeldet. Sorry, was soll das?

 

Das war nicht mal eine Angestellte von dieser Firma, sondern von der Zentrale in der Innenschweiz. Und die Firma, die ist somit wirklich, die Seele von dieser Firma ist gestorben.

 

Marco

Und was lief genau schief oder wo wäre der Punkt gewesen, wo man das noch hätte retten können?

 

Christian

Der Zusammenhalt. Der Zusammenhalt. Wieder hineinkommen, ins Geschäft kommen, miteinander wieder Mittagessen.

 

Einfach das, was die Firma ausgemacht hat, was man gespürt hat. Und das spüren auch die Kunden. Da musst du mir nicht sagen, die Kunden spüren sowas nicht, wenn die Firmakultur stimmt.

 

Doch das spürt man. Wenn das jemand nicht spürt, dann ist er auf das nicht angewiesen. Dann kann er irgendwelche Firmen nehmen als Berater, egal ob im Ausland oder sonst wo.

 

Aber wenn das persönliche Massgebend ist, dann muss man wirklich diese Leute wieder zurücknehmen. Und das haben ja mittlerweile auch große Firmen erkannt. Auch Bundesfirmen, große.

 

Auch die Post oder wer auch immer. Und sagen, die Leute müssen wieder zu uns ins Büro kommen. Die müssen.

 

Weil dann will man sonst die Firma Philosophie nach außen tragen, wenn es ihnen nicht stimmt.

 

Marco

Ja, das ist tatsächlich nachvollziehbar. Über Geld möchte ich auch noch sprechen über Löhne. Es ist ja seit Urzeiten in der Schweiz eine Diskussion über Mindestlöhne, die es gesamtschweizerisch nicht gibt.

 

Da hat jetzt vor einiger Zeit der Direktor des Arbeitgeberverbandes, Roland Müller, in einer Diskussion gesagt, ein reinexistenzsichernder Lohn ist nicht die Aufgabe der Arbeitgeber. Und wenn die Löhne zu tief sind, hat er gesagt, da muss dann schliesslich die Sozialhilfe einspringen. Aussagen, die massiv kritisiert wurden.

 

Und ich glaube, zu Recht kritisiert wurden. Weil genau das ist ja auch etwas, das hat jetzt zum einen mit der Stimmung und mit der Seele der Firma wahrscheinlich zu tun. Und zum anderen auch damit, dass es sozial einfach nicht geht.

 

Christian

Unverträglich, wie man so schön sagt.

 

Marco

Ja, tatsächlich.

 

Christian

Also wenn diese Person das gesagt hätte und ich wäre vis-a-vis gestanden, würde ich ihm die Frage stellen, hast du nicht das Gefühl, dass du ein Arschloch bist?

 

Marco

Interessiert dich möglicherweise nicht, ich weiss es nicht.

 

Christian

Aber eben, verstehst du, das ist so eine überhebliche Aussage, wenn wir etwas nicht bezahlen möchten, dann delegieren wir es. Das kann es nicht sein, dass wir Steuerzahler, dass die ganze Schweiz schlussendlich für diese Firma bezahlen muss, was diese Firma nicht bezahlen will.

 

Marco

Genau, das kann tatsächlich nicht sein, weil dann macht sie was falsch, oder? Ich glaube, so kann man sagen. Vielleicht läuft sie schlecht, aber dann macht sie was falsch.

 

Christian

Weisst du, das ist ja genau das Gleiche mit Praktikanten. Früher kannte man keine Praktikanten, außer es war irgendwie ein Student, ein Juristudent, der in einer Anwaltskanzlei arbeiten musste für ein Jahr oder zwei, bis er den Abschluss, die Arbeit schreiben konnte, oder was auch immer, das hatte seinen Sinn. Das heisst, es war sein Lehrgeld, das er bezahlen musste.

 

Marco

Das stimmt, der war ja wahrscheinlich auch nicht so produktiv für die Firma.

 

Christian

Er hatte ja noch keine Erfahrung und alles, aber er hat in dieser Kanzlei arbeiten können und Erfahrung sammeln können, dass er dann später in dieses Berufsleben auch einsteigen kann. Heute suchen die Angestellten, sucht man Angestellte, die für eine Arbeit, die jeder machen kann, sucht man Praktikanten. Um ein Zwischenjahr vor der Berufslehre aufzufüllen, für diese Praktikanten oder was auch immer, früher hatte man Praktikanten für ein paar Monate angestellt.

 

Heute werden Praktikanten ein Jahr angestellt. Nach dem Motto, ja, wir brauchen da jemanden, aber du bist ja froh, wenn du jetzt da zu mir kommst und arbeiten kannst. Zum Beispiel die Arbeitslosenversicherung kann dann den Rest bezahlen, die Philosophie von diesem Herrn Müller ist genau das Gleiche.

 

Sorry, das geht nicht. Ich finde das frech, ich finde das völlig unpersönlich, dass man solche Leute ausnützt, um billige Angestellte zu haben. Das akzeptiere ich nicht.

 

Ich habe mit 23 angefangen, selbstständig. Ich habe viele Einrichtungen selbst gebaut. Mein Vater war Schreiner, er hat mir immer mitgeholfen.

 

Mein Vater hatte sein Büchlein dabei und hat die Stunden eingetragen. Ich habe meinem eigenen Vater 35 Franken auf die Stunde bezahlt. Das war verdammt hart für mich, weil ich habe wirklich mit absolut nichts angefangen.

 

Es gab vielleicht Monate, wo mein Vater mit seiner Aushilfe, mit seiner Arbeit mehr verdient hat als ich selbst. Ich habe wirklich nur das verdient, was ich für meinen sehr, sehr minimen Lebensunterhalt brauchte. Ich fand das in Ordnung.

 

Ich wollte nie jemanden ausnützen. Und wenn ein Kollege in der Firma geholfen hat, ein Elektriker hat irgendwo Steckdosen montiert oder Lampen montiert oder was auch immer, ich habe immer dem einen Lohn bezahlt, weil ich das wollte.

 

Marco

Und das ist ja wahrscheinlich langfristig gesehen auch das bessere Modell. Ich kenne jetzt die aktuellen Zahlen nicht, aber ich glaube diese Geschichten mit den schlecht bezahlten Praktika nehmen wahrscheinlich jetzt auch etwas ab aufgrund des Fachkräftemangels. Jetzt möchte man ja Leute an sich binden, die man behalten kann.

 

Christian

Wenn man diese Fachkräfte auch bekommt, ja.

 

Marco

Sie müssen dann auch was mitbringen, das was man sucht natürlich.

 

Christian

Ja, sicher. Aber da ist zum Beispiel auch ein Thema. Nehmen wir zum Beispiel eine Schreinerei.

 

Eine Schreinerei ist dringend angewiesen, dass sie auch einen Schreiner findet und anstellt. Findet sie den nicht und der Chef muss mit viel Arbeiten das kompensieren und kann sich in dem Sinne nicht mehr so um die Firma kümmern, um die Philosophie der Firma kümmern, um das Ganze was drumherum ist sich zu kümmern, kann auch da sein, dass diese Schreinerei einen Teil seiner Seele verliert. Weil der Chef das nicht mehr so präsentieren kann oder bieten kann.

 

Das ist auch ein Thema. Wir hoffen, dass sich das ein bisschen verbessert mit den Fachkräften. Aber auch da, ich habe immer gesagt, wenn ein Betrieb Leute, Lehrlinge ausbilden kann, dann soll er es unbedingt tun.

 

Du kannst nicht von Fachkräftemangel sprechen, von irgendeinem Gewerbe und selbst nicht Lehrlinge ausbilden. Das geht nicht. Schließlich hast du selbst auch einmal einen Beruf gelernt und es hat dir auch jemand eine Chance gegeben und das soll man den Jungen weitergeben.

 

Und man soll auch die Philosophie der Jungen mit in die Firma einbringen, weil sie teilweise viel bessere oder andere Ansichten haben als die älteren Angestellten.

 

Marco

Das ist dann wieder die Verantwortung der Firmen, dem gerecht zu werden. Sprechen wir am Schluss jetzt noch über die Seele von Banken. Da gab es ja im Moment ziemliche Bewegung.

 

Christian

Von was sprechen wir?

 

Marco

Das hat ja vielleicht angefangen. Viele Leute haben gesagt, Banken haben angefangen, ihre Seele zu verlieren, als die Bankomaten vor der Tür eingeführt wurden und man musste gar nicht mehr ins Lokal hinein und mit jemandem sprechen. Die Bankomaten sind praktisch, natürlich, aber wie siehst du das?

 

War das der Anfang vom Verlust der Seele von gewissen Banken?

 

Christian

Ich habe irgendwo im Jahr 2002, 2003 bei der UBS gearbeitet. Und damals waren Sie, das war in Rapperswil, waren Sie eigentlich die Ersten, die z.B. im Zentrum Sonnenhof, die haben nur noch zwei Automaten hingestellt, das Personal wurde entlassen. Wenn ihr vom Personal etwas wollt, dann müsst ihr ins Hauptgeschäft gehen.

 

Okay. Ich ging mal dort in dieses Geschäft, dort standen bei einem Gang die Automaten und irgendwo hintendran hatte es einen Schalter, wenn du persönliche Fragen hattest. Ich bin so da gestanden und habe gesagt, Sorry, das kann es nicht sein.

 

Das kann es nicht sein, dass man irgendwo halt einfach die Arbeit von Menschen, die Freundlichkeit von Menschen einem Automaten delegiert. Willst du in einer Bank, wo du von einem Automat bedient wirst, willst du den Automat fragen, du, ich muss meine Hypothek erneuern. Was empfiehlst du mir?

 

Die Dame, die früher dort stand, die konntest du fragen, sagst du, ich schicke Ihnen gleich Herrn so und so, der wird Sie betreuen und beraten. Und das war schlussendlich wirklich die Philosophie einer UBS. Sie haben nur noch investiert in Hypotheken, in Amerika oder wo auch immer.

 

Sie haben schlussendlich unheimlich viel Kapital verloren, weil sie halt denen auch geglaubt haben und irgendwie blauäugig, irgendwie einfach zum Vergrössen und zum Expandieren diese Banken und Hypotheken übernommen haben. Was ist passiert? 2008, die UBS musste vom Schweizer Volk, vom Schweizer Steuerzahler unterstützt werden, weil sie sonst pleite gegangen wären.

 

Und so konnte man schlussendlich die UBS wieder aufbauen, man konnte mit den Milliarden, die sie vom Bund bekommen haben, die Steuerschulden und die Kapitalverluste durch die Hypotheken in Amerika bezahlen. Man hat ein bisschen daraus gelehrt, aber nur ein bisschen.

 

Marco

Was man immerhin der Fairness halber jetzt sagen muss, die UBS hat alles zurückbezahlt, also der Steuerzahler hat am Ende nichts zahlen müssen, aber das wusste man nicht in dem Moment natürlich und eine Skandalgeschichte war es sowieso.

 

Christian

Aber hätten Sie genug Eigenkapital gehabt, wäre das gar nicht passiert gewesen.

 

Marco

Wäre das nicht passiert, natürlich. Und die zweite Geschichte ist jetzt die mit der Credit Suisse im Moment, wo wir dasselbe hatten, auch 2008 in der Finanzkrise, viele Verluste, danach Strategiewechsel, wieder große Milliardenverluste und am Ende eigentlich der Zusammenbruch, Zusammenbruch des Kurses, Kapitalabflüsse, weil die Kunden ihr Geld woanders hin transportiert haben.

 

Christian

Ja, aber das Vertrauen verloren.

 

Marco

Sie haben das Vertrauen verloren, mit dem hat es genau zu tun.

 

Christian

Vertrauen in eine Bank ist das Kapital der Bank.

 

Marco

Ja, was anderes hat sie eigentlich dann nicht mehr, das stimmt. Und da tatsächlich muss man sich fragen, also die Credit Suisse gibt es jetzt noch auf dem Papier, die Filialen, ich weiss gar nicht welche, war schon länger nicht mehr auf einer, ich weiss nicht, sind sie noch angeschrieben mit Credit Suisse?

 

Christian

Also mit denen, die ich zu tun hatte, gibt es nicht mehr.

 

Marco

Okay, also und das ist jetzt auch wieder eine Frage, das ist ja jetzt die ganze Credit Suisse von der UBS übernommen worden. Was macht das mit der Seele? Wo ist die Seele?

 

Vielleicht war sie vorher schon nicht mehr da von der Credit Suisse. Wie integriert sich diese Seele in die Seele der UBS, sofern diese noch eine hat? Das ist jetzt wahrscheinlich das Problem dieser Firma.

 

Christian

Also ich habe wirklich einige Angestellte, vorher CS, heute UBS oder auch UBS, egal. Wenn die UBS heute noch eine Seele hätte, hätten diese Angestellten nicht alle einfach Angst, ihren Job zu verlieren.

 

Marco

Und sie haben das?

 

Christian

Das haben sie. Das haben sie. Ich habe Klienten, der war oder ist krankgeschrieben wegen einem Bandscheibenvorfall, weil er diesen Stress und das Ganze einfach nicht mehr ertrug, wortwörtlich nicht mehr ertrug.

 

Er konnte nicht einfach mehr sich sein, hatte dann den Bandscheibenvorfall, wurde krankgeschrieben. In der gleichen Zeit wurde sein Arbeitskollege freigestellt und er wusste ganz genau, wenn ich an den Arbeitsplatz zurückkomme, passiert mir genau das Gleiche. Ich habe viele Leute im IT-Bereich oder wo auch immer, die für diese Bank heute arbeiten, sie wissen nicht, was übermorgen ist.

 

Sie wissen es nicht. Da ist wirklich eine riesige Angst da.

 

Marco

Und das ist natürlich schlecht für sie selber, aber auch für die Firma.

 

Christian

Das ist natürlich schlecht für die Firma, das ist schlecht für die Bank, weil das wird nach außen getragen. Wenn du früher bei irgendeiner Versicherung warst, im Hirtzl hatten wir einen Agent von der Winterthur-Versicherung, jeder im Hirtzl hat bei dem die Versicherung gemacht, weil jeder kannte ihn, jeder hat ihn weiterempfohlen und jeder ist dorthin gegangen. Hast du das Gefühl, dass heute, wenn irgendwie dein Bruder bei einer Versicherung arbeitet, dass du deinen Freunden sagst, hey, du gehst da, das ist gut.

 

Das gibt es nicht mehr heute. Man spricht nicht mehr so miteinander, was diese Angelegenheiten betrifft. Hast du das Gefühl, dass es mit einer Bank gleich ist?

 

Mit jemandem, der ein Haus kauft und eine Hypothek machen will, der sagt, okay, Reifeisen ist vielleicht auch nicht gut, aber es ist vielleicht besser, aber was mit der Ubi passiert, ich weiss es nicht. Es ist genau dasselbe. Das heisst, die Seele dieser Firma, die Seele dieser Bank ist nur noch zu einem Teil da.

 

Die jungen Leute, die alles übers Handy machen, für die ist das okay, aber für uns, die irgendwo noch eine Persönlichkeit wollen, ist das nicht okay. Genauso bin ich ein Verfechter von Bargeld abschaffen.

 

Marco

Ein Verfechter von abschaffen?

 

Christian

Ja, Bargeld darf nicht abgeschafft werden.

 

Marco

Ja, eben, du bist nicht ein Verfechter von abschaffen. Du bist ein Verfechter von nicht abschaffen, das wollte ich erst nachfragen.

 

Christian

Da drin ist das Geld meiner Klienten. Bei mir kann man nur in Bar bezahlen. Warum?

 

Das Geld hat eine Seele. Wenn jemand mir dieses Geld bringt, wird das geschätzt und dankbar angenommen. Jeden Abend, wenn ich nach Hause gehe, nehme ich das Geld, zähle es von Hand.

 

Ich zähle, was ich heute gemacht habe, für das Geld, das irgendjemand auf dieser Welt für mich, das heißt für sich, für seine Behandlung verdient hat. Da ist eine Seele drin. Von einem Millionär ist diese 50 Franken, für jemand, der Sozialhilfe bezieht, ist diese 50 Franken ein Vermögen.

 

Das habe ich dem Geld und dieser Person gegenüber wertzuschätzen. Aus diesem Grund will ich immer Bargeld von meinen Klienten. Dass sie wissen, für was sie Geld in die Hand nehmen.

 

Und ich will wissen, für was ich mein Geld bekomme.

 

Marco

Das ist nicht nur metaphorisch, sondern wörtlich gemeint. Du hast gesagt, nehmen Sie Geld in die Hand. Hier nehmen Sie es wirklich physisch.

 

Man braucht den Spruch ja auch sonst, wenn man es nicht in die Hand nimmt. Aber es stimmt hier wirklich, man spürt es dann.

 

Christian

Ich will, dass sich bewusst wird, was man überhaupt macht. Früher, hast du dein erstes Auto gekauft?

 

Marco

Ja, natürlich, damals. Du sagst ja, natürlich. Damals konnte man Autos noch gar nicht leasen, ich weiß es nicht.

 

Christian

Konnten wir nicht, nein. Damals, als ich mein erstes Motorrad gekauft habe, hat der Motorradhändler gesagt, weißt du, es ist mühsam, mich fragen die Leute für Leasing. Ich sage, wenn du ein Leasing willst, dann darfst du bitte gehen.

 

Wie willst du, wenn du das Geld für dein Motorrad nicht hast, wie willst du schlussendlich den unterhalb bezahlen, für die Pneus, für die Versicherung, für den Unterhalt, für die Service und alles. Also, mach was du willst, ich verkaufe dir kein Motorrad. Punkt.

 

Ich fand das gut.

 

Marco

Okay, die Welt bewegt sich gerade in eine andere Richtung.

 

Christian

Ich weiß, ja. Aber wenn wir nicht bar bezahlen oder das Geld bar bekommen, dann verdient mit einem oder zwei oder drei Prozent immer irgendwo jemand mit.

 

Marco

Ist ein Business geworden, ja.

 

Christian

Es ist ein Business, ja. Finde ich nicht richtig. Ist meine Einstellung.

 

Marco

Okay, ja, ja.

 

Christian

Aber das ist meine Philosophie.

 

Marco

Lass mich zurückkommen zum Schluss noch einmal auf die Seele von einer Firma. Du hast jetzt die UBS-Angestellten erwähnt, von denen du einige unter deinen Klientinnen und Klienten hast. Was machst du mit denen oder was sollen die tun, wenn sie jetzt in einer Firma ohne Seele arbeiten und Angst haben?

 

Wie müssen die damit umgehen?

 

Christian

Wie sie damit umgehen, das dürfen sie schlussendlich selbst wissen. Aber was ich mit denen mache, ist genau das Gleiche wie mit einem anderen Klienten auch, dass er seinen Wert erkennt, dass er seine Muster ablegen kann, von seinen Vorfahren oder wo auch immer, dass er seine Ängste ablegen kann und dass er genau dasselbe, was einen ja auch krank macht, einfach auflösen darf, wo auch immer diese Ursache war. Das ist genau das Gleiche.

 

Das hat jetzt mit dem Banker oder einem Metzger oder was auch immer nichts zu tun in dem Sinne, sondern die Aufgabe ist, wo ist die Ursache von einem Gebrechen, von einem Problem und für das kommen sie und das darf ich lösen. Okay, gut, bis nächstes Mal.

 
 
 

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